Malerisch spiegelt sich die barocke pfarrkirche San Quirico mit ihrem romanischen glockenturm im Lago Maggiore. Sie gehört zu Rivapiana · einem ortsteil von Minusio im kanton Tessin und war von Georges Molino dell’Orso leicht zu erreichen. Auf dem friedhof von Minusio wurde George am sechsten dezember 1933 in den frühen morgenstunden beigesezt. 

Die farbige ansichtskarte (mit poststempel vom vierten dezember 1948) schickte Robert Böhringer an seinen bruder Erich der in Göttingen einen lehrstuhl für klassische archäologie innehatte. Die pralle buntheit bestätigt was George längst wusste: dass der technische fortschritt den zauber zerstört.  

S SCHLUSSBAND 

S1 MANUEL S11-3 
S2 DIE HERRIN BETET 
S3 DIE AUFNAHME IN DEN ORDEN 
S4 ÜBERTRAGUNGEN S41-5 
S5 JUGENDDICHTUNGEN S51-4 
S6 GEDICHTE IN FREMDEN SPRACHEN S61-9 
S7 ZWEI FRAGMENTE S71-2
 

Als im november 1933 TAGE UND TATEN als siebzehnter band der gesamtausgabe endlich in den buchhandlungen lag hatte sich George längst angeschickt den dritten winter in Minusio zu verbringen. Beim verleger Georg Bondi in Berlin konnte die freude über die neuerscheinung aber nicht die verzweiflung aufwiegen die angesichts der stockenden vorbereitungen für den achtzehnten und lezten band im laufe des jahres immer mehr gewachsen war. Nicht einmal die frage des titels · schon gar nicht die lezten entscheidungen über den inhalt waren geklärt - in monaten als jederzeit mit dem bankrott der druckerei oder des papierherstellers zu rechnen war auf die sich Bondi wegen der einheitlichkeit des erscheinungsbilds der gesamtausgabe angewiesen fühlte. Nach Georges erkrankung und seinem tod am vierten dezember lag alles bei Robert Boehringer der jedoch den beiden nacherben - Berthold von Stauffenberg und Victor Frank - gleiches recht einräumte obwol die bekannte unzertrennlichkeit der beiden Stuttgarter schulfreunde ihm rasche entscheidungsfindungen erschwerte: bei meinungsverschiedenheiten mit den konservativen jüngeren war er stets der unterlegene. Zudem war Frank noch wochenlang in Minusio geblieben - er kümmerte sich um die grabstätte - während Stauffenberg zunächst noch in den Haag zu tun hatte. Beide waren 1934 zwar in Berlin aber Boehringer betrat damals deutschen boden nicht mehr. Ute Oelmann stellt im anhang der SW 18 (112-21) die zahlreichen diskussionen unter den erben und mit dem verleger anschaulich dar: von der frage ob eine fotografie der totenmaske abzubilden angebracht sei über probleme der sprachlichen richtigkeit eines englischsprachigen gedichts bis hin zu den versuchen nachträglich die absichten Georges richtig zu erkennen und umzusetzen. Erst im juli 1934 konnte die gesamtausgabe mit dem erscheinen des achtzehnten bandes abgeschlossen werden aber erneut kam bei Bondi wenig freude auf: den nicht gerade verkaufsfördernden titel hatte er nicht verhindern können weil die drei erben in gut georgischer tradition für wirtschaftliche erwägungen wenig übrig hatten. Tatsächlich sorgte der SCHLUSSBAND nicht mehr für aufsehen. In Deutschland nahm mit der wachsenden zustimmung zum nationalsozialismus das interesse an George ab und für die mischung aus jugendwerken dramatischen versuchen und fremdsprachlichen gedichten Georges sowie seinen übersetzungen fremder werke ins deutsche griff in der krisenzeit nicht jeder leser der sechs jahre zuvor noch DAS NEUE REICH erwarb in den geldbeutel.

S1 MANUEL S11-3

In einer VORBEMERKUNG sezt George den leser in kenntnis dass die erste fassung im jahr 1886 entstand während die zweite „aus dem lezten schuljahr 1888” stammt und die dritte - auch „Um-schreibungen” genannt - „auf den ersten plan zurückgreifend” auf 1894/95 datiert. 

S11 MANUEL ERSTE STUFE

Das fragment umfasst elf verse in denen Timon „vor seiner hütte” einen monolog spricht. Er klagt dass die eingangs bewundernd angesprochene zarte und süsse „Natur” ihren frieden nicht auch dem sprecher zu schenken vermag · ihn „grossen kummer” sogar stärker empfinden lasse auch wenn sie den „kleinen gram” verscheuchen könne. George selbst nennt in seiner VORBEMERKUNG die ERSTE STUFE zutreffend „nach art des vorgoethischen schäfergedichts".

S12 MANUEL ZWEITE STUFE

Das fragment umfasst acht BILDER. Der begriff könnte eine distanzierung von den szenen oder auftritten herkömmlicher dramen andeuten die durch lebende bilder ersezt werden. Allerdings lassen sich die vorgesehenen bewegungen der handelnden auf der bühne nicht völlig einfrieren.

Das von antiken griechen gegründete Trapezunt - das heutige Trabzon - an der schwarzmeerküste war im spätmittelalter hauptstadt eines gleichnamigen kaiserreichs und ging erst unter nachdem Byzanz dem Osmanischen Reich unterlag. 1827 hatte der Münchener orientalist Jakob Philipp Fallmerayer sein werk über die geschichte dieses staates veröffentlicht und M nimmt an dass George es schon als schüler gekannt hat als er im alter von neunzehn jahren die „zweite stufe” von MANUEL schrieb. Das zweite vierte und achte bild erschienen 1893 in den BfdK. Die namen der figuren sind dem griechischen hebräischen arabischen und ägyptischen raum entnommen. Vielleicht wollte der junge verfasser andeuten dass ihm die festlegung auf einen bestimmten historischen oder ethnischen hintergrund nicht so wichtig war wie die altersgemässen themen der bevormundung durch väter und der liebe und freundschaft aber auch der selbstaufopferung und des politischen freiheitskampfs. Es fällt auf dass beide väter keineswegs übertrieben negativ dargestellt werden und keine sympathie für ein unnötig gewalttätiges politisches handeln erkennbar ist.

1) Laut bühnenanweisung ist wieder Timons hütte „in der umgebung von Trapezunt” zu sehen. Man blickt aber auch auf einen brunnen an dem sich Manuel aufhält und den Leila - mit einem wasserkrug die hütte verlassend - gerade aufsucht. Die beiden sind ein liebespaar doch kennt Leila die identität Manuels nicht. Leila hat gehört wie heldenhaft Manuel bei einem brand „in der Unterstadt” ein menschenleben rettete und quält sich nun mit der frage ob jemand im zustand des verliebtseins wirklich bereit wäre sein leben „so achtlos” aufs spiel setzen würde. Manuel erkennt sofort die „selbstsucht” in ihren worten · glaubt aber dass Leila angesichts der lebensgefahr nicht anders gehandelt hätte. Sie fühlt sich beschämt und entschuldigt sich für ihre „törichten” worte die - so Manuel grosszügig - nur durch ihre liebe zu ihm erklärbar sind. 

2) Als an der hütte Leilas vater Timon sichtbar wird verschwindet Manuel rasch. Leila leugnet die begegnung doch hat Timon die veränderung längst erkannt die in ihr vorging seit sie sich verliebte. Der greis spricht von seiner grossen liebe zum einzigen kind und lässt sich beschwichtigen. Wenn auch sehr langsam scheint ihm doch klar zu werden dass Leila erwachsen wird und er in ihrem leben nicht für alle zeiten der einzige bleiben wird. 

3) Menes befindet sich allein in einem versteck auf einem feld bei Trapezunt. Aus einem monolog geht hervor dass er Manuel erwartet den er bislang als gegenspieler verstand · dem er sich aber schweren herzens unterwerfen möchte wobei er hofft als diener oder helfer von ihm angenommen zu werden. Als Manuel im gewand eines bürgers erscheint spricht Menes ihn als prinzen von Trapezunt an und gibt sich als führer eines aufstands der bürger gegen die unterdrückung durch Manuels vater zu erkennen. Offenbar hatte Menes also eigene politische pläne die aufzugeben er sich nun gezwungen sieht: es ist absehbar dass sich die verhältnisse unter einem künftigen König Manuel auch ohne gewaltanwendung bessern werden. Seinen insbesondere angesichts des jugendlichen alters des autors bemerkenswerten sinneswandels begründet Menes allerdings nicht mit dem klugen politischen kalkül sondern damit dass er Manuels bewundernswerte persönlichkeit erkannte - und damit seine menschliche überlegenheit. So bietet Manuel dem älteren die freundschaft an. 

4) Timon hat seiner tochter einen wunsch erfüllt und in der stadt „einen ring und eine kette” gekauft „wie von den reichen sie getragen werden”. Leila aber sträubt sich das teure geschenk anzunehmen: sie habe es nicht verdient. Auf ihr geständnis reagiert der alte unwirsch · würde sie am liebsten aus dem haus verstossen doch da die nacht hereingebrochen ist gibt er klein bei. Offensichtlich ist es ihm gar nicht möglich der tochter lange zu zürnen.

5) Vor der leeren hütte taucht nun Manuel auf. Er wirkt verzweifelt denn er ahnt dass die späher seines vaters hinter seine liebesbeziehung kamen und Leila nun entführt und eingekerkert haben. Als Menes vorbeikommt bittet Manuel ihn um hilfe. Menes verspricht ihm die gewaltsame befreiung mit hilfe seiner alten anhänger und er glaubt an ein gelingen weil das heer des herrschers gerade nach der „Persergrenze” marschiere und die stadtbevölkerung bereit sei sich auf die seite des prinzen zu schlagen. Menes hat also die chance erkannt den lange geplanten aufstand doch noch zum erfolg zu bringen und den herrschenden tyrannen nun vorzeitig durch seinen sohn zu ersetzen. Manuel schreckt vor der gewaltanwendung zurück: sie wäre ein verrat an seiner inneren stimme. 

6) Im palast lässt sich der König von einem offizier berichten dass Leila in ein kloster verbracht wurde · sich dort jedoch selbst die pulsadern aufgeschnitten hat. Die leiche sei zum palast gebracht worden wobei ein weinender alter mann sich als vater ausgegeben und um die leiche der tochter gebeten habe. Der König scheint gerührt und gibt anweisung der bitte folge zu leisten. Er wähnt seinen sohn bei der hütte und bricht noch in der dunkelheit auf.

7) Dort aber liegt schon der tote Manuel neben der aufgebahrten freundin. Menes erkennt ergriffen was geschah und beschliesst die wiederaufnahme seines aufstands · nun aber als „riesengrosses kampfwerk” an dem sich das ganze volk beteiligen werde. Damit möchte er zugleich „ehrerbietung / Und meine liebe für den hohen freund” beweisen. 

8) Inzwischen ist der König mit seinem minister und einigen fackelträgern bei der hütte angekommen und muss den tod seines sohnes zur kenntnis nehmen. Als er den abtransport der leichen befiehlt verhindert Timon den erneuten raub von Leilas totem körper und wirft dem König schuld am tode beider. König und minister flüchten sich in floskeln über den höheren willen Gottes und verlassen den ort während Timon mit der leiche in der hütte verschwindet die er zuvor in brand gesezt hat.

S13 MANUEL DRITTE STUFE

UM-SCHREIBUNGEN EINIGER AUFTRITTE DES MANUEL

Es geht in diesen fünf auftritten um eine veränderung des stils zum lyrischen hin. Die ersten drei wurden gleich nach ihrer entstehung in den BfdK veröffentlicht. George scheint das stück vollendet zu haben doch hat sich keine handschrift erhalten. Im Londoner Gundolf-archiv befindet sich eine inhaltsangabe Gundolfs die aber nur bis zum beginn des vierten akts reicht und in SW XVIII, 132f. abgedruckt ist.

1) Der erste auftritt zeigt Leila und Manuel beim pflücken von blumen vor Timons haus bis ihr vater sie ruft. Der dialog macht deutlich dass Manuel die nähe sucht während Leila noch eher auf abstand bedacht ist auch wenn sie ihm zulezt mut macht wiederzukommen. Die szene hat wirklich lyrischen charakter. George selbst nannte in seiner VORBEMERKUNG die ERSTE STUFE sogar „nach art des vorgoethischen schäfergedichts".

2) Am brunnen zeigt sich Leila liebevoller als zulezt doch als es zur berührung kommt reisst sie sich unvermittelt los und fordert Manuel auf zu verschwinden. 

3) Anscheinend kam ihr der vater in den sinn mit dem sie bald in der hütte ein von ihrer seite in kühlem ton gehaltenes gespräch führt. Der vater versucht Leila mit nur scheinbar unverfänglichen fragen in verlegenheit zu bringen und wirft ihr lieblosigkeit und undank vor. Schliesslich droht er der tochter sie zu verstossen. Aber erst als er gegangen ist gesteht sie das glück das sie durch ihre liebe zu Manuel erfährt. Die worte des vaters scheinen gar keinen eindruck gemacht zu haben. Ein schlechtes gewissen hat sie nicht.

4) Bei der nächsten begegnung gibt Timon es auf sich ahnungslos zu stellen. Er erinnert Leila daran dass die familie von einem thron vertrieben wurde. „Gesetze unserer krone” würden jede verbindung mit „niedren” verbieten während die beziehung mit einem königssohn wegen der elenden lage der familie erst recht nicht in frage komme. Sie dürfe also einen fremden nicht einmal anlächeln. Vielmehr müsse sie „ihre freude” darin finden den verzicht „stolz zu ertragen”. Dass er die tochter ohne eine antwort abzuwarten nun alleinlässt zeugt nicht von einfühlungsvermögen. Die sieht sich ohne Manuels liebe wie eine aus dem boden gezogene blume die nur noch verwelken könne. In der tat wird ihr empfinden als flüchtlingskind gut verdeutlicht das die vom vater erwartete bindung zur alten heimat kaum noch verspürt und nun ein eigenes leben in der neuen verlangt.

5) Im kurzen fünften auftritt - er ist nichts anderes als wieder ein lebendes bild auch wenn hier ganz dick aufgetragen wird - kniet Timon vor der toten tochter und nimmt kaum wahr wie „ein zug von weissgekleideten Jünglingen (nicht jungfrauen !) mit goldenen stäben und palmzweigen” ihm zujubelt und seine baldige rückkehr auf den thron ankündigt.

Es ist klar ersichtlich dass George hier Timon die wegen seiner eigensucht und listigen gesprächsführung verdiente höchststrafe erteilt. Aber ist damit Timons rat den verzicht mit stolz zu ertragen auch entwertet? Timon verlangt von der tochter eine haltung wie sie der junge George sich fünf jahre zuvor demonstrativ auch selbst auferlegt hatte (vergleiche 102). Es kommt hier eben doch sehr auf den zusammenhang an. Was für den Dichter gilt muss für ein durchschnittliches mädchen keineswegs das angemessene sein. 

Und soll man wirklich glauben dass George das denkmal für ein solches mädchen veröffentlichungswürdig fand das sich kaum unterscheiden lässt von den heldinnen der bürgerlichen trauerspiele die mehr als hundert jahre zuvor die leserinnen zu tränen rührten? Das ist die schwierigere frage zumal sich seine Leila doch von einer ihren vater von herzen liebenden tochter zu einer jungen frau entwickelt die in der dritten fassung nur noch ansprüche erhebt. Aber MANUEL hatte George seit seinen anfängen begleitet. Schulfreunde hatten ihn bestärkt - das herkömmliche findet doch immer seine treuen anhänger - und in vielen briefen war davon immer wieder die rede gewesen. Und schliesslich hatte George ja der alten gattung - als ihre geschichte längst abgelaufen schien - immerhin ein element hinzugefügt das den antiken boten ansehnlich ersezt und dem publikum des achtzehnten jahrhunderts noch nicht geboten wurde: den zug der „weissgekleideten Jünglinge" die wirklich nicht kleingeschrieben werden. 

Dass dieser allzu kurz geratene auftritt der jugend dem ganzen stück in der lezten minute doch noch seine daseinsberechtigung verleiht sei freilich nicht behauptet. Da wäre besser an das gedicht MANUEL UND MENES (7204) im zyklus GESTALTEN zu denken das aus dem dramatischen versuch der frühzeit hervorging und den sprung in die erste liga schaffte.

S2 DIE HERRIN BETET 

S3  DIE AUFNAHME IN DEN ORDEN

siehe: Fünf jugendbilder


S4  ÜBERTRAGUNGEN S41-5

S41 BROWNING DER FLECK AUF DEM SCHILD 

S42 AUS DER ROMANZE DES ABENAMAR

S43 JUAN DE LA CRUZ

S44 DANTE SONETT AUS DER VITA NUOVA

S45 DANTE MEUCCIO

 

S5  JUGENDDICHTUNGEN S51-4

S51 PRINZ INDRA

siehe: Fünf jugendbilder

S52 MONOLOG AUS GOETHES EGMONT IN VERSEN 

S53 AUS IBSENS CATALINA

S54 AUS IBSENS DIE HEERMANNEN AUF HELGELAND


S6  GEDICHTE IN FREMDEN SPRACHEN S61-9

S61 PAZ

S62 EL IMAGEN

S63 VARIATIONS SUR THEMES GERMANIQUES

S64 FRAUENLOB

S65 PROVERBES

S66 D’UNE VEILLEE

S67 Those who have lived in dreams see when awake

S68 You boldly ceased to love the God of yore

S69 COGNICION 

 

S7  ZWEI FRAGMENTE S71-2

S71 BISMARCK

S72 Das im innersten uns lieb

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